Theodor Christian Flor (1904-1986)
"Theo Sütjer"
* 03.07.1904 (Norddorf) | oo 30.11.1930 (Norddorf) | t 07.10.1986 |
Theodor Flor wurde 80
Theodor Flor ist auf Amrum und in Amerika vor allem als Theo "Sütjer" bekannt. Wie so oft hat auch hier der Volksmund aus dem Beruf den Namen hergeleitet - obwohl Theodor Flor nur eine relativ kurze Zeit Schuster war und viel lieber Schlosser geworden wäre. Er wurde am 3. Juli 1904 auf Föhr geboren, wo sein Vater Ricklef in Nieblum die Schuhmacherlehre absolvierte und seine Frau Amanda geb. Nickelsen kennengelernt hatte. Aber schon im Alter von drei Jahren ging es über das Watt zurück nach Norddorf. Hier hatte der Vater einen Schuhmacherbetrieb eingerichtet. In Norddorf ist Theo aufgewachsen, bei Arpe in die Schule gegangen und hat dann im väterlichen Betrieb das ungeliebte Handwerk erlernt. Doch 1923 wanderte Theo, wie so viele Amrumer und Föhrer in einer von Wirtschaftskrisen und Inflation gekennzeichneten Zeit nach Amerika aus, und betätigte sich in New York zunächst als "Cloyk", als Gehilfe in einem Store und richtete 1925 ein eigenes Delikatessengeschäft ein. In Amerika lebend verpasste er den großen Brand, der im August 1925 vom reetgedeckten Ambronenhaus ausgehend zehn alte Friesenhäuser vernichtete, darunter auch das unmittelbar neben dem Ambronenhaus liegende Haus seiner Eltern, das Geburtshaus des Historikers und Sprachenforschers Knudt Jungbohn Clement. Rciklef und Amanda bauten das Haus aber wieder neu auf, so wie es noch heute besteht.
1929 heiratete Theodor Adele geb. Beck aus Enge, deren Mutter von Amrum stammte und eine geborene Bork war. Das junge Paar ging aber wieder in die USA - bis zum Jahre 1939, als der altgewordene Vater den Sohn drängte, wieder nach Amrum zu kommen, um den Betrieb weiterzuführen. Ungeachtet der politischen Entwicklung und den immer radikaler werdenden Verlautbarungen des deutschen Führers, folgten Theo und Dele entgegen ihren Bedenken dem Ruf des Vaters und kehrten in die Heimat zurück. Und dann kam der Krieg.
Theodor machte noch seine Meisterprüfung als Schuhmacher, was mit einigen Komplikationen verbunden war. Denn Theo war amerikanischer Staatsbürger und musste der Prüfungskommission versichern, dass er keine politischen Schwierigkeiten plane. Infolge dieser Staatsbürgerschaft wurde er auch zunächst nicht zur Wehrmacht eingezogen und verlebte als einer der wenigen Männer die meiste Zeit des Krieges auf Amrum.
In seiner launigen und humorvollen Art erzählt Theo, dass er sozusagen alleine die Insel "verteidigt" habe und als "Mädchen für alles" bei zahlreichen Arbeiten und bei der Ernte aushalf. Zusammen mit dem Feuerwehrhauptmann Boy Peters galt es auch, eine Schar von Frauen für den Brandschutz auszubilden. Zeitweilig diente Theo auch als Ersatzmann für das Rettungsboot "Hermann Freese", das ständig draußen bei Jungnamen-Sand lag, um abgeschossene Flieger, sowohl eigene als auch feindliche, zu retten. Die Besatzung wurde regelmäßig ausgewechselt. Zur ersten Mannschaft gehörten Richard Flor, Nanning Martens und Walter Heinemann, zur zweiten sein Vater Ricklef Flor, Julius Schau und Broder Jensen. Das Rettungsboot trug weiterhin ein sichtbares Malteserkreuz und blieb von Angriffen unbehelligt. Theo musste auch assistieren, als ein amerikanischer Bomber in Höhe des Quermarkenfeuers abgeschossen wurde und eben außerhalb des Kniepsandes in das Wasser stürzte. Zusammen mit dem Strandvogt Boy Peters fuhr er hinaus, um die sechs angespülten toten Besatzungsmitglieder zu bergen. Sie wurden in ehrenvoller Weise auf dem Neuen Friedhof begraben. Es kam sogar ein Offizier von Hörnum herüber, um eine Gedenkrede zu halten. Und ein Jagdflugzeug warf über der Absturzstelle einen Kranz ab - eine schon selten gewordene Geste der Menschlichkeit im "total" gewordenen Krieg und wohl nur noch bei der Luftwaffe üblich. Nach dem Kriege mussten Theo und Theodor Köster den Amerikanern genauen Bericht über die Beerdigung geben. Die Leichen wurden exhumiert und in die USA überführt.
Theo erlebte auch die Notlandung eines britischen Bombers der Marke "Vickers Wellington" in Fleegham bei Norddorf, eine fliegerischen Meisterleistung des Piloten, der am Morgen, nachdem er das Flugzeug in Brand gesteckt hatte, in das Dorf kam und sich wunderte, dass auf Amrum so viele Englisch sprechen konnten. Gegen Kriegsende wurde eine Flugwache in das "Försterhaus" gelegt, die Seehospize waren voller Soldaten und nach dem Kriege für einige Zeit von "Blitzmädchen" bewohnt. Kurz vor Kriegsende wurde auch Theo Flohr noch "zu den Fahnen gerufen". Er blieb aber als Amerikaner unvereidigt und hatte nichts weiter getan, als mit einer Gasmaske in Lüneburg herumzulaufen. Zehn Tage vor der Kapitulation wurde er wieder entlassen und nach Hause geschickt.
Dank seiner US-Staatsbürgerschaft konnte er schon 1946 wieder mit Frau Adele und den drei Kindern - ein Viertes war im genannten Jahr an Diphtherie gestorben - nach Amerika reisen und wieder einen "Store" in New York eröffnen. Aber 1956 kehrten Theo und Adele mit der jüngsten Tochter wieder nach Amrum zurück. Die Eltern waren inzwischen beide gestorben, die Mutter schon 1945, der Vater 1949. Zur Fortführung der Schusterei und des Schuhladens hatte Theo aber keine Lust. Beides wurde an Karl Kümmel verpachtet, während Theo und Adele mit einer kleinen Landwirtschaft und mit Badegästen hantierten.
Im Jahre 1967, Theo war schon im Rentenalter, wurde ihm durch den damaligen Bürgermeister Brandes die Aufsicht über die Vogelkoje angetragen. Und diese Aufgabe hat Theo bis heute in vorbildlicher Weise erfüllt. Ungeachtet seines Alters schwingt er sich täglich auf seinen Mofa, um die Tiere in der Koje zu versorgen und den zahlreichen Besuchern Rede und Antwort zu stehen. Als Kojenmann gehört Theodor Flohr zu den bekanntesten Männern von Amrum und er hat manche Minister und im vorigen Jahre auch den Bundespräsidenten in seiner kleinen Hütte gesehen.
Mit der Begabung für Humor und originelle Redewendungen erzählt Theo Sütjer aus seinem Leben und von den Leuten und von Norddorf, wie es früher war. Er hat in seiner Jugend noch sehr bewusst dieses alte Dorf mit seinen Friesenhäusern und dann das Wachsen zum Kurort erlebt.
G.Q.
aus: Amrum 1984 - Jahres-Chronik einer Insel (Georg Quedens/Rita Basty)
Adele Beck (1909-1999)
"Dele"
* 13.03.1909 (Enge) | oo 30.11.1930 (Norddorf) | t 01.03.1999 |
Theodore Paul Flor | * 18.11.1931 (New York City-Brooklyn, NY) | oo 30.01.1956 (New York City-Manhattan, NY) Ellen Josephine Doherty | t 08.09.2015 (Charlotte, NC) |
Alice Regina Flor | * 01.06.1934 (New York City, NY) | oo xx.xx.1955 (New York City-Manhattan, NY) Ernest Schult |
Helga Flor | * 19.07.1943 (Norddorf) | oo xx.xx.1961 Detlef Boyens | t 03.09.2014 |
Ricklef Volkert Flor | * 10.07.1945 (Norddorf) | t 29.01.1947 (Norddorf) *) |
*) Diphterie